ERLEBNISBERICHT HAWAII
von Konstanze Friedrich
Der Mythos Hawaii – vor einem Jahr war die Entscheidung gefallen überhaupt mal einen Ironman zu bestreiten. Im Juli beim IM Germany in Frankfurt so „auf mal gucken wie das geht“ angetreten (mein erster Marathon), hatte ich die Quali tatsächlich geschafft ( 9h54 ). Oh, das ging mir fast zu schnell und eigentlich hatte ich ein paar Dinge auszukurieren und ein beruflicher Umbruch stand an. Aber wer weiß, ob sich diese Chance noch mal ergeben würde und glückliche Umstände brachten mir die finanzielle Absicherung. Also nix wie hin bzw. wurden mir 7 Tage Urlaub bewilligt, so blieben immerhin 6 Tage zur Akklimatisation.

11.10.08, Renntag in Kona
Nachdem ich die komplizierten Vorgänge zur erneuten Bestückung meiner R/L-Beutel, die Warteschlangen am WC, der S-Beutelabgabe und am Wassereinstieg in leichter Hektik hinter mich gebracht hatte, stand ich immerhin hüfthoch im Wasser und sah die erste Startgruppe der Profis noch an der Startlinie paddeln. Gut, ich hatte also noch etwas mehr als 15min zum einschwimmen. Neben mir klapperten einige schon mit den Zähnen, denn das Wasser war doch deutlich kälter als am Tag bei Sonnenschein. Hinter mir wurde gedrängelt, aber zu Fuß ging es nicht weiter, nach ca. 15min kam die Vulkangesteinszone, wo schon die Seeigel zum Abwehrkampf bereitstanden. Endlich puff, die erste Gruppe ging los und die übrigen ca.1600 stürzten ins Wasser. So richtig einschwimmen ging dann nicht. Irgendwann fand ich mich direkt an der Startlinie. Um Gottes Willen, wenn die kräftigen Kerls dann über mich hinwegstürzen, am Anfang geht’s den meisten ja noch gut… Also wieder etwas zurückpaddeln und abwarten…
Puff, der zweite Knall. Das übliche Gerangel und Geklatsche, das hieß auch ab und an anhalten und nach links oder rechts rüberkrabbeln (gegen gewisse Gewichtsklassen hab ich einfach keine Chance). Und irgendwie hatte ich mich doch recht günstig einsortiert und schwamm geradlinig auf die Bojen zu, jetzt dann immerhin keine großen Umwege. Die letzten Meter vorm Ausstieg meinten einige sie müssten noch mal richtig um sich schlagen, zum Glück waren noch ein paar kurze Fluchtsprints möglich.
Raus, Beutel schnappen und ins Zelt.
Das war voll (ca. 15m lang). So, nun Schwimmanzug aus, Hose an, Trikot beim zweiten Versuch richtig an und nun langsam mit Gefühl das Anwürschen der Kompressionsstrümpfe (meinerseits getragen wg. medizinische Gründe) über das noch klebende Fußtape. Die Taschen mit Gels füllen und Radschuhe an. Jetzt Vaseline aufgetragen, um meine Verschürfungen der letzten Schwimmtrainings zu schützen (Salzwasser ?). Und wo sind jetzt die Frauen, die einen von oben bis unten mit Sonnenschutz eincremen ? Egal, genug Zeit verbraucht (8min), raus. Wie häufig erstmal am Rad vorbei gerannt, dann leicht schlitternd mit den Radschuhen zum Aufstieg. In der vorletzten Reihe stehend mit dem längsten Weg per Bike hatte ich mich dennoch gegen den Barfußlauf entschieden – nach ca. 100m ging es gleich auf die Palani-Road mit dem berüchtigten Anstieg und die Strümpfe sollten noch bis zum Lauf „begehbar“ sein.
Auf dem Kringel in Kona ist auch noch nichts groß passiert, teilweise war Überholverbot und die Straßen eng und löcherig.
Endlich auf dem Highway war zwar Platz, aber keine Stimmung mehr. Nur die lange Kette der Athleten. Die ersten Kilometer liefen auch recht ordentlich, das übliche Überholen und Überholtwerden der gleichen Personen. Dann ab ca. Km 45 Gegenwind. Irgendwann war ich in der kleinsten Übersetzung und es ging bergab und hatte das Gefühl nicht voranzukommen. Beruhigend der Abstand nach vorn blieb in etwa gleich. Nach einer längeren Linkskurve ging es los: „Seitenwinde“, diese massiv und böig. Ich konnte nur noch den Lenker festhalten und war bemüht die Spur zu halten (Gefahr der Disqualifikation). Eine Verpflegung musst ich auslassen, einhändig ging einfach nicht (diese Station war auf dem Rückweg nicht mehr vorhanden). Es wollte nicht aufhören, die Hände sind mir eingeschlafen und ab jetzt hab ich die Kilometer gezählt bis endlich diese verdammte Wende kommt. Zwischendurch kam ein großes schwarzes undefinierbares Insekt auf mich „zugepustet“, prallte ab und stach mir ordentlich in den Oberschenkel (jetzt nach 2 Wochen ist noch immer eine großflächige Rötung vorhanden). Wieder ein Problem, wenn ich mir jetzt das eisgekühlte Gatorade drüberschütte, könnte man von hinten denken, ich säubere mich nach einer unerlaubten Miktion. Na immerhin bekam ich diesmal keine allergische Symptomatik (das Notfallkit (Cortison) hatte ich ja nicht dabei…)
Endlich die Wende! Jetzt ging es wenigstens bergab und hinzu sah es bei den anderen so gut aus, wie sie da auf dem Auflieger nach unten zu fliegen schienen. Ging nicht ! Mich hätte es fast komplett von der Straße gefegt (zur Abwechslung in die andere Richtung, gen Abgrund). Also wieder Lenker festhalten und sich kompakt runterrollen lassen.
Ach, das macht nun wirklich keinen Spaß mehr! Das war das Mindeste was ich von der Zugabe „Hawaii“ erwartet hatte. Wozu noch weiter machen ? Mit der Radzeit war ich weit weg von der in Frankfurt. Außerdem traten meine „auszukurierenden Problemzonen“ immer mehr in den Vordergrund. Da war es schwierig sich abzulenken und irgendwie war es einsam. Zudem wurde das Essen schwieriger, so viel Süßes hielten die Zähne nicht aus. Ich bekam Zahnschmerzen von der Kombi Powerbar und Gatorade (das gechlorte Wasser war nicht mein Ding).
Kona rückte näher, hör ich jetzt auf oder nicht ? Aber oh, was war das ? Rückenwind! Ich fahr erst einmal in die Wechselzone und kann es mir da noch überlegen.
So kantig bin ich noch nie vom Rad gestiegen. Mein erster Gang war die Toilette – das war kein leichtes Unterfangen die Strümpfe dabei sauberzuhalten und der sogenannte „Kreuzblick“ bekam hier eine neue Dimension… Es brauchte eine Zeit und ich entschied mich erst einmal weiterzumachen.
Wieder ins Zelt und aha, jetzt stehen gleich zwei Damen und wollen mich eincremen. Mir brannte ganz klar schon jetzt jede freie Hautpartie (mit den eingebrannten Nummern seh ich derzeit aus wie ein Sträfling).
Draußen auf dem Ali-Drive standen zumindest im Wechselzonenbereich auch Zuschauer, das verlor sich aber schnell und die Athleten waren wieder unter sich. An ein körperliches Gefühl kann ich mich nicht mehr erinnern. Einzig, dass ich nur darüber nachgedacht habe auszusteigen. Vielleicht pushte aber generell, dass ich nach zwei weiteren Zwangspausen (WC) immer wieder die Gleichen oder Andere überholen konnte. Und ich wollte doch mit der Sachsenfahne ins Ziel kommen, die 2 Tage vorm WK in Hawaii extra eingeflogen wurde – nur war mir ehrlich gesagt, die zu erwartende Endzeit peinlich.
Aber irgendwann hatte ich mich entschieden und bin mein Tempo weiter gelaufen. Wie schnell wusste ich eh nicht, eine Uhr hatte ich nicht um und die erste Km-Angabe (sonst Meilen) war bei 25 und danach bei 30 – da ging es unverändert gut und bin den EnergieLab eher noch ein bissel forcierter hoch gelaufen – bis mal wieder durch das Magenklappern (Trinkmenge) Seitenstechen zum zurücknehmen zwangen. Ab da hab ich auch fast nichts mehr getrunken (Schlückchen Cola).

Ja passiert ist dann nicht mehr viel, die Füße taten weh und die Palani-Road bergab war wirklich schmerzhaft. Es standen noch ein paar Zuschauer, der Weg ins Ziel war übersichtlich und Peter konnte mir komplikationslos die Fahne überreichen.
Das ging dann wirklich locker, die Arme über den Kopf auszubreiten und sie im Wind flattern zu lassen. Denn trotz der Zeit (11h30) war ich doch stolz mit ihr eingelaufen zu sein und musste die Amerikaner im Zielbereich erst einmal darüber aufklären, dass Dresden nicht bei Hamburg liegt !
Vielen Dank an meinen Trainer Harry Neumann, der trotz meines teilweise „unübersichtlichen Lebensstils“ den „Triathletenlebenstraum“ zur Realität gebracht hat.
Und lieben Dank an Peter!