Einige kennen meine Geschichte sicher schon und Einige haben sicher schon eine ähnliche hinter sich.
tl;dr Wer etwas will findet Wege, wer etwas nicht will findet Gründe
Prolog
Meine beginnt vor 8 Jahren. Damals, gegen Ende meines Studiums, hatte ich 110 kg auf den Rippen und zudem noch geraucht. Obwohl ich nie unsportlich war, ich bin immer gern Rad gefahren oder wandern gegangen, hatte sich das Gewicht über die Zeit angesammelt. Pizza, Nudeln und Cola haben während des Studium ihren Tribut gefordert.

2008 kam dann das Schicksalsjahr. Ich plante mit ehemaligen Schulfreunden über Himmelfahrt eine mehrtägige Wandertour durch die Alpen. Dabei bin ich, auf dem letzten Loch keuchend, den Anderen immer hinterher gerannt oder besser geschleppt. Ich hatte mir geschworen, im Folgejahr läufst Du allen vorweg. Ich begann wieder vermehrt Fahrrad zu fahren. Der sportliche Einstieg begann beim 13. SZ-Fahrradfest über die 40 km. Ein Jahr später schon über die 120 km mit meinem ollen Trekkingrad.

Mit dem Vorwegrennen zu Himmelfahrt 2009, wieder durch die Alpen, wurde es leider nicht so wie geplant. Ich war ein paar Tage vorher unsanft vom Rad abgestiegen und hatte mir mein Knie verstaucht. Quasi meine erst Sportverletzung :) Ich konnte zwar am 1. Tag gut mithalten, aber dann machte sich das Knie bemerkbar und ich musste am 2. Tag abbrechen. 2010 hat es dann aber geklappt.
Zwischendurch kamen im sportlichen Programm vermehrt RTF's hinzu. 2011 bis 150 km und 2012 über 200 km. Damit war erst mal eine Grenze erreicht, längere RTF's sind eher rar und daher war die Frage wie weiter. Radrennen fand ich eher unspannend, weil ich vor dem Fahren im Peloton einen heiden Respekt habe. So habe ich mich dann Mitte 2011 für Triathlon entschieden. Da ich sehr introvertiert bin, war das der optimale Sport für mich. Beim Training und im Wettkampf ist man viel auf sich gestellt, hat aber auch genug soziale Kontakte im Umfeld. Das langfristige Ziel, was ich im mir damals gestellt habe, war es, irgendwann die Triathlon-Langdistanz (3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren, 42,2 km Laufen) in Angriff zu nehmen.

Ich habe mich viel mit Trainingsplanung und Ernährung beschäftigt. Durch den Multisport kamen dann auch die 1. Läufe hinzu. Zuerst über 5 km, dann 10 km, später Halbmarathon und Marathon. Auch hier ließ sich der Fortschritt sehen. Das erst Mal die 10 km geschafft, dann das erste Mal die 10 km unter 1 Stunde, dann unter 50 Minuten und später unter 40. Ebenso beim Halbmarathon, bei dem ich mittlerweile bei 1 Stunde 25 Minuten bin. Auch die 17 Minuten 50 Sekunden über 5 km im Jahr 2016 und 1 Marathon mit 3 Stunden 23 Minuten gehören zu meinen Erfolgen. Natürlich ließen auch AK-Podestplatzierungen nicht lange auf sich warten, worauf ich super stolz bin.
2012 fand mein erster Triathlon statt. Das war in Moritzburg, gleich über die olympische Distanz. Jedermann fand ich zu langweilig, da ich durch die RTF's schon bedeutend länger im Sattel gesessen hatte. Um das Schwimmen zu meistern, hatte ich vorher noch ein begleitetes Schwimmtraining durchgeführt. Zuvor konnte ich nur vier 25 m-Bahnen am Stück kraulen. Mittlerweile ist die Streckenlänge eigentlich egal.

Beim 1. Triathlon war ich natürlich, sicherlich wie Jeder, super aufgeregt. 3 Sportarten in einem Wettkampf und zwischendurch Wechsel. Durch gutes Training und viel Theorie habe ich das aber ganz gut gemeistert. Ich kann mich zumindest an keinen gravierenden Patzer erinnern. Die kamen dann eher später, wenn man durch zuviel Routine manchmal zu leichtsinnig wird. Abgeschlossen habe ich in Moritzburg dann mit 2h:39m und 18. Platz AK. Damit lag ich solide im Mittelfeld. Es war einfach geil und der Grundstein für mehr.

2013 war Ausbau und Stabilisierung der Leistung über die olympische Distanz angesagt. 2014 und 2015 waren dann die nächsten Meilensteine auf dem Weg zur Langdistanz angesagt. Ich habe die Mitteldistanz in mein Repertoire aufgenommen. Auch auf internationalem Parkett. So habe ich an einer IRONMAN-Mitteldistanz in Frankreich in Aix-en-Provence teilgenommen und einer Challenge-Mitteldistanz auf Sardinien. Das waren sehr schöne Erfahrungen. Vor allem die Kombination aus Urlaub und Wettkampf fand ich sehr entspannend.

Intermezzo
2016 wollte ich es dann mit meiner 1. Langdistanz in Roth wissen. Ich habe mich akribisch darauf vorbereitet, aber 1 Woche vorher kam dann das Aus. Auf meinem letzten langen Trainingslauf bin ich mit dem Fuß umgeknickt und wusste sofort, das war's. Ich bin im Wald in Tränen ausgebrochen und langsam nach Hause gehumpelt. Die geplanten 2 Woche Urlaub in Roth sind dann auf 1 Woche geschrumpft. Ich hatte zunächst geplant, 1 Woche vor dem Wettkampf alleine anzureisen, da Sophia, meine Frau, keinen Urlaub bekommen hatte. Dies habe ich dann ausfallen lassen und bin direkt mit ihr 1 Woche später angereist.
Zwischendurch hatte ich allerdings in meiner Regeneration auf die Ernährungstipps von Dr. Feil gesetzt, so dass es doch schneller wieder besser ging als gedacht. So habe ich mich entschieden, doch in Roth anzutreten, da zumindest Schwimmen und Radfahren wieder ganz gut gingen. Beim Laufen wollte ich mal sehe, ob es klappt oder nicht.

Die Stimmung am Renntag in Roth war wirklich gigantisch, mir ist am Start ein Schauer nach dem anderen über den Rücken gelaufen. Das Schwimmen ging gut los, allerdings machte sich mein Sprunggelenk durchaus noch bemerkbar. So konnte ich meinen Beinschlag auf der linken Seite nicht voll ausführen. Das könnte auch der Grund gewesen sein, warum ich mit meiner im Vergleich zum KnappenMan mäßigen Schwimmzeit von 1 Stunde 20 Minuten zur Wechelzone kam.
Das Radfahren danach ging schon besser. Auch hier war die Stimmung an der Strecke gigantisch. Und dann kam er, der Berg der Berge, der Solarer Berg. Man kann kaum in Worte fassen, was hier los ist. Hier hat es mir auch die Tränen ins Gesicht getrieben, als mir alles durch den Kopf ging, was ich bis hierher in den letzten Jahren geleistet habe.
Auf der 2. Radrunde wurde es etwas schleppender und auf dem Auflieger fahren wurde auch langsam schmerzhaft. Nach 5 Stunden 26 Minuten war ich dann an der 2. Wechselzone und hatte auch nahezu den anvisierten 33er-Schnitt. Das Laufen habe ich dann noch angefangen aber nach 100 m war klar, das Sprunggelenk war noch nicht so weit. Daher bin ich dann, wie geplant, ausgestiegen. So konnte ich aber noch Jan Frodeno beobachten, wie er gerade um die Ecke dem Ziel entgegen lief.

Nach dem DNF stand natürlich die Frage im Raum, wie weiter. Eigentlich hatte ich mit dem Thema erst einmal abgeschlossen, da mich das Training ziemlich geschlaucht hat. Nachdem ich die letzten Jahre hatte Revue passieren lassen, war ich eigentlich auch nicht wirklich traurig. Ich habe sicherlich mehr erreicht, als viele Andere und das allein hat eigentlich schon mein eigentliches Ziel bei weitem übertroffen. Ob man nun noch 4 Stunden Lauf hintendran steckt, geht im Gesamtumfang dann eigentlich schon unter.
Antje Herrmann hatte mir dann aber per Facebook den Tipp gegeben, es im selben Jahr nochmal zu versuchen. Die Ausdauergrundlagen sind schließlich schon lange gelegt und verschwinden so schnell auch nicht wieder. Auch wenn ich das erst einmal abgetan habe, weil ich mich, wie oben geschrieben, eigentlich schon damit abgefunden habe, habe ich mich 2 Wochen vorm KnappenMan dann doch für das Upgrade entschieden.
Hauptteil
Und so folgt nun nach langer Vorgeschichte der Bericht über meine 1. gefinishte Langdistanz beim KnappenMan.
Nachdem ich nach meiner Sprunggelenksverletzung wieder langsam ins Training einsteigen konnte, habe ich gemerkt, dass Antje recht hat. Die Ausdauer war noch da, die Leistung auch. Die lange Ruhephase hat wahrscheinlich auch ganz gut getan. So war die Entscheidung, von XL auf XXL zu wechseln tatsächlich die Richtige.
Die Tage vor dem großen Tag zeichneten sich dann auch noch ab, dass es heiß wird, sehr heiß. Das hieß auf jeden Fall, den Tag langsam anzugehen. Fast war ich schon froh, die Langdistanz gewählt zu haben. Im Gegensatz zur Mitteldistanz starteten wir noch bei recht kühlen Temperaturen und konnten uns langsam an die Hitze gewöhnen.
"Nachts" um 4 Uhr hieß es dann aufstehen auf dem Campingplatz am Bärwalder See. Draußen war es noch dunkel. Eigentlich wollte ich ja in aller Ruhe zum Sanitärhaus gehen ohne den Platz zu wecken, ein Hund an einem der Wohnwagen sah das aber wohl nicht ein und hatte ziemlich lang und laut rumgebellt. Nach einem Frühstück mit Kaffee und Brötchen ging es dann gegen 5 Uhr zum Wettkampfgelände. Kurz die Startunterlagen geholt und dann Wechselzone eingerichtet. So wie immer.
Kurz vor 7 Uhr dann Aufstellung an der Startlinie. Ich war eigentlich recht ruhig, da ich zumindest die ersten beiden Disziplinen kürzlich schon hinter mich gebracht hatte und so wusste, dass ich es kann. Außerdem wollte ich es ruhig angehen. Das Startfeld war recht überschaubar, kein Vergleich zu Roth aber dadurch eigentlich auch sogar besser. Das machte sich schon beim Schwimmen bemerkbar, da es absolut kein Gerangel auf den ersten paar hundert Metern gab.
Um 7 Uhr dann der Startschuss, es ging los, der längste Tag des Lebens, diesmal musste es einfach klappen. Schnell habe ich meinen Rhythmus gefunden und konnte mich Dank des überschaubaren Feldes auch diesmal bei Jemanden gut in den Wasserschatten hängen. Das Wasser war herrlich klar und nahezu glatt. Perfekte Bedingungen also. Langsam ging auch die Sonne über dem See auf, was auf der Gegenkathete des Dreieckskurses sehr ungünstig war, da die Sonne flach über der nächsten Boje stand. So konnte ich mich eigentlich nur am Vordermann orientieren.

Dann ging es zum ersten Landgang. Als ich auf die Uhr blickte konnte ich meinen Augen fast nicht trauen. Nur knapp 35 Minuten, weitaus schneller als meine Halbzeit in Roth. Die 2. Schwimmrunde war dann nach einer Gesamtzeit von 1 Stunde und 6 Minuten vorbei. Insgesamt war ich hier auf Platz 8. Ich war wie geflasht von der super Zeit. In der Wechselzone hatte ich mich dann auch gewundert, warum noch so viele Fahrräder da waren. Nach meiner Schwimmzeit in Roth und dem Vergleich der Vorjahreszeiten beim KnappenMan war ich schon fast davon ausgegangen, mit als Letzter auf die Radstrecke zu gehen.
Auf dem Rad hatte ich dann auch schnell meinen Rhythmus gefunden. Mein Ziel waren wieder die 33 km/h wie in Roth. Diesmal bin ich es allerdings noch vorsichtiger und gleichmäßiger angegangen. Die verhältnismäßig leere Radstrecke war sehr angenehm. Es gab auch schon einige Zuschauer am Streckenrand, die fleißig applaudiert haben. Die ersten 4 Runden gibt es eigentlich nicht viel zu berichten. Es rollte sehr gleichmäßig, es wurde langsam wärmer, ab und zu habe ich Nico Pietsch auf Gegenkurs gesehen, der sich einen Schlagabtausch um den 1. Platz gab. Im Kopf habe ich versucht abzuschätzen, ob die Mitteldistanzler schon nach der 3. oder erst 4. Runde auftauchen.

Es war die 4. und danach wurde es auch langsam richtig voll. Und dann tauchten sie langsam auf, die, unter fairen Sportlern absolut unbeliebten, Radfahrerpeletons. 2 Mal wuschte ein solches Feld an mir vorbei. Aber sei es drum, die fuhren sowieso in einer anderen Liga.
Nach 5 Stunden und 1 Minute war dann auch der Radteil geschafft. Leider nur 170 statt 180 km aber der Schnitt lag bei 33,6 km/h und damit im erwarteten Bereich. Diesmal auch ohne Einbruch auf der 2. Hälfte wie in Roth. Ich konnte mich bis zum Schluss auch fast schmerzfrei auf dem Auflieger halten.
Jetzt kam natürlich der Zitterteil, kann ich den Lauf locker und rund beginnen. Die Antwort: ja. Hier fühlte ich mich noch viel frischer als in Roth. Die erste Runde lief sehr gut, zwar langsamer als eigentlich geplant, aber im Gegensatz zur den "Konkurrenten" eigentlich noch ziemlich gut. Sicherlich ging es durch die nun starke Hitze etwas schleppend. Am ersten Verpflegungsstand und eigentlich auch allen weiteren habe ich dann erst einmal massenhaft Schwämme über mir ausgewrungen. Das machte das Ganze erträglicher.

Nach der 1. Runde war aber erst mal Schluss. Die Oberschenkel fingen an zu schmerzen. Daher habe ich mich erst mal fürs Gehen entschieden. Auch, da ich bis hierher sowieso mit knapp über 9 Stunden super in der Zeit lag. So ging es dann erst einmal die nächste anderthalb Stunden weiter. Da es dann langsam aber sicher auf die 12 Stunden zuging, was so meine obere Schmerzgrenze war und weil ich auch nicht wusste, wann Cutoff ist, habe ich mich aufgerafft, wieder ins Laufen zu kommen.
Trotz der Schmerzen konnte ich das Tempo über die letzte Stunde langsam von 9:30 min/km auf 7:00 min/km steigern. Mittlerweile wurde es auch recht einsam auf dem Kurs. Die Ruhe und die langsam untergehende Sonne hatte dadurch eine ganz besondere Atmosphäre. Schön war auch, dass die Helfer bis zuletzt mit Herzblut dabei waren und einen immer wieder aufgerafft haben.
Nach 11 Stunden und 56 Minuten war es dann geschafft, dass Ziel erreicht. Jetzt kannten die Emotionen kein halten mehr. Erschöpfung und Tränen der Freude haben sich abgewechselt. Nach all den Hochs und Tiefs dieses Ziel erreicht zu haben, kann man nicht in Worte fassen.

Auch als meine Frau dann von ihrem Helfereinsatz zurückkam, bin ich ihr weinend wie ein Schlosshund in die Arme gefallen. Ich bin so dankbar für ihre Unterstützung in den letzten Jahren. Es war sicher nicht immer einfach.
Abschluss
Nochmal Revue passieren lassend, muss ich sagen, dass die 12 Stunden, die ich unterwegs war, sich bei Weitem nicht so lang angefühlt haben. Am Ende war ich stolz und überglücklich,
Spannend ist natürlich die Frage, wie es jetzt weiter geht. Gebe ich den Sport auf und werde wieder dick und rund oder mache ich weiter. Natürlich weiter machen. Die nächsten Jahre möchte ich aber erst mal kleinere Brötchen backen. Hauptsächlich Sprint und Olympisch. Vielleicht 1 Mitteldistanz.
...
Allerdings, so eine weitere KnappenMan Langdistanz hätte schon was ;) ...
Sportliche Grüße
Silvio Glöckner