Ironman 70.3 WM in Zell am See - Was für ein Tag

    Es war für mich (Holm Grosse, Anm. d. Redakteurs) das Rennen des Jahres.

    Eine Triathlonweltmeisterschaft in Europa, in einer der schönsten Gegenden, anspruchsvoll, mit den besten Athleten in den jeweiligen Altersklassen, welche sich auf den 69 weltweiten Ironman Events dafür qualifiziert hatten.
    Was will man als leidenschaftlicher Triathlet mehr.

    Doch bis zu diesen Zeitpunkt war es ein schwieriger Weg. Erst die Qualifikation bei schlechtesten Wetterbedingungen beim Ironman 70.3 Rügen, dann ein verseuchtes Frühjahr, welches ich am liebsten vergessen würde und dann noch die daraus folgende Absage eines meiner Lieblingsrennen, dem Ironman in Kraichgau. Also gab es für mich nur einen Tag, der zählte. Der 30.8.2015.
    Und außerdem ist es immer wieder eine Herausforderung, zu diesem Zeitpunkt 100% fit zu sein. Nicht  davor, nicht  danach, sondern nur an diesem Tag.

    Mit diesem Termin im Fokus schmiedete ich mir einen eigenen Trainingsplan mit einem 2wöchigen Trainingslager im Allgäu und direkt vor Ort am Zeller See. So hatte ich schon 3 Wochen vorher die Örtlichkeiten gesehen und auf der Strecke trainiert, was sich im Nachhinein, insbesondere für die Radstrecke, als Vorteil erwies. Mit meinem Sportfreund Rajko Sickert hatte ich den perfekten Trainingspartner und so kaum Chancen,  die Zügel schleifen zu lassen. Fazit: Hart aber schön.

    Jetzt galt es zu regenerieren und richtig zu tapern, aber auch dies ist wieder eine nicht ganz einfache Angelegenheit, wenn man es perfekt machen will. Dazu kam der eigene Druck, den man in den Tagen davor verspürt und auch einem manchmal zweifeln  lässt, zumal ich im tiefsten Innern davon ausgehe, dass es vielleicht meine letzte WM ist. Zumindest hat mir mein Körper im Frühjahr signalisiert, wirklich mal zu pausieren.

    Wir reisten 3 Tage vorher an und es lag die typische Stimmung  wie bei jedem großen Wettkampf in der Luft.  Das Schwimmtraining in der Frühe erinnerte mich an Kona, nur eben ohne Schildkröten, aber die Gelassenheit und Freundlichkeit unter den Athleten waren ähnlich.

    Nun war es soweit. Dieser Tag X.
    30'C, blauer Himmel, Tausende von Zuschauer schon an der  Schwimmstrecke.
    Startzeit:  11:31Uhr  ca. 200 Athleten in der AK 50 und ich mittendrin. Was für ein Gefühl.
    Da ich mir meiner Schwimmschwäche bewusst bin, reihte ich mich etwas eher hinten ein und erwischte auch einen reibungslosen Start. Ca. 900m gerade aus, 100m links, 900m zurück. Hier war dann der Fehler, dass ich eine Schwimmbrille mit hellen Gläsern hatte. Genau gegen die Sonne macht sich das schlecht und mir fiel die Orientierung sehr schwer. Nach 34min ( Pl.111) war Land unter den Füssen und für mich in einer durchschnittlichen Zeit.

    Die Wechselzone war riesig und hatte entsprechende Zeiten zufolge. Auf dem Rad ging es dann 20km im Tal bis zum ersten und einzigen Anstieg. Dieser hatte es aber in sich und wurde im Vorfeld schon heftig diskutiert und als "Scharfrichter" betitelt.
    In der Tat war dieser Anstieg ca. 13km lang, aber nur die ersten 5 und insbesondere die letzten 2km mit 15% hatten es in sich. Im Training stellte ich fest, dass mehr als 300W über diese Distanz für mich zu viel des Guten sind und so orientierte ich mich bei ca. 280W und nur an den letzten 2 Kilometern lag ich über 300W.
    Spektakulär war dann die folgende Abfahrt. Auch hier zahlte sich die Ortskenntnis aus und ich überholte ohne die Mittellinie zu überfahren ( DQ Grund) viele Athleten. Zurück in Zell a. See waren noch 25km flache Kilometer zurück zu legen und wie schon vermutet, bildeten sich einige Gruppen, doch im Großen und Ganzen würde fair gefahren. Splitzeit 2:31h. und schon auf Platz 24.
    Eine schnelle Wechselzeit zum Lauf war quasi  unmöglich. Die Wege waren endlos und auch die Hitze im Wechselzelt erreichte Saunatemperatur.
    Der Übergang von Rad/Lauf ist für mich immer wieder spannend, da ich meistens auf den ersten Kilometern ein gutes Gefühl habe wie der Laufsplit gehen wird. Und es ging gut. 4:10min/km fühlten sich locker an und ich spekulierte mit einer Zeit um die 1:27, allerdings ohne die Kenntnis, dass die Laufstrecke übervoll mit Athleten war. Ein Überholen und Ausweichen mit entgegenkommenden kostete zusätzlich Kraft  und an den Verpflegungspunkten staute es sich, sodass ich nie so richtig meinen Rhythmus fand.

    Trotzdem hatte ich ein gutes Gefühl, versuchte mich gut zu verpflegen, RedBull und Cola zünden bei mir recht gut und bis auf einen "Hänger" zwischen Kilometer 14-18, wo es richtig schwer ging, mit Ansätzen von Krämpfen, hat das Laufen richtig Spaß gemacht. Natürlich habe ich mich bemüht, das Tempo hoch zu halten, denn ich wusste nicht, auf welcher Platzierung ich lag, ich war am Limit, quasi Kreuzblick, ohne zu platzen. Genau richtig.

    Dann die letzten Meter. Wahnsinn. Die Zuschauer im Ortskern von Zell a. See eng an eng. Gänsehaut und im Ziel auch ein feuchtes Auge.
    Das sind dann diese Momente, bei denen sich die Mühe lohnt und man auch mal Entbehrungen in Kauf nimmt.

    Am Ende stand dann ein 9. Platz in der AK 50 für mich fest und damit bin ich rundum zufrieden. Es war immerhin eine WM und ich habe mich mit den Besten gemessen. Ein tolles Gefühl soweit vorn zu sein.

    Der Besuch des Kitzsteinhorns, eine MTB Tour und zum Abschluss noch Stand UP Paddeln auf dem Zeller See runden ein phantastisches Wochenende ab.

    Sportliche Grüße
    Holm Grosse